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Presse in Jena und anderswo über unsere Stadtführungen

24.10.2009

Ein Blutbad auf dem Markt Zum Reformationstag lädt die alte Anna von Herden zu einem Rundgang durch Jena ins Jahr 1548

Jena (OTZ). Anna von Herden müsste mittlerweile ein altes Mädchen sein. In einen derben Leinenrock und Schnürmieder gewandet kreuzt sie in Jena neuerdings die Wege verwunderter Passanten und raunt uns entgegen "Willkommen, Fremdlinge!"

Schon recht, wir sehen - kostümiert - die Jenaer Gästeführerinnen Uta Lörzer oder Fanny Rödenbeck voranschreiten. Eine Stadtführung zur Reformation haben die beiden zuletzt kreiert, pünktlich zum nahenden Gedenktag an die kirchlichen Erneuerungen im 16. Jahrhundert. Nur: Mögen sich jetzt selbst profunde Kenner der ortshistorischen Materie nicht sogleich ungerührt abwenden!

In das frühe 16. Jahrhundert schließlich lotst die von Herden ihre Gäste. - Und sind wir dort nicht alle Fremdlinge? Inmitten wütend plündernder Bauernhorden, die über den klösterlichen Reichtum unaufrichtiger Mönche herfallen? Inmitten schauriger Hinrichtungsschauspiele auf dem Jenaer Markplatz, von wo aus das Blut der Gemeuchelten in stillen Bächlein fortrinnt? - Hier ist Anna von Herden zu Hause. 

Die Wirtin des ersten Gasthauses innerhalb der Jenschen Stadtmauern, die Wirtin des Hauses "Zur Sonne" am Markt, sie hat die Unruhen jener Tage am Vorabend der Reformation selbst erlebt und mitangesehen, wie nach der Auflösung der städtischen Klöster die Professoren und Studenten der Wittenberger Universität in die Zellen des ehemaligen Dominikanerordens in der heutigen Kollegiengasse einzogen. - Damals zunächst vorübergehend, als bei ihnen mal wieder die Pest wütete. Als tüchtige Geschäftsfrau mag es sie gegrämt haben, dass Martin Luther, als er im August 1524 nach Jena kam, um mit dem Stadtprediger Reinhardt über theologische Streitfragen zu disputieren, statt in der "Sonne" im Wirtshaus "Zum Schwarzen Bären" vor den Toren der Stadt Quartier genommen hatte.

Uta Lörzer und Fanny Rödenbeck haben das Drehbuch für den besonderen Gang durch die Saalestadt geschrieben, hunderte Stunden Bücher- und Archivaktenstudium gingen voraus. Er ist kein Rundgang zu den Sehenswürdigkeiten und Eckpunkten der Stadtgeschichte, für den sich die Gästeführerinnen lediglich etwas ausgefallen kleiden. Sondern hier begeben sich die Besucher auf einen Ausflug in das Jena der Reformationszeit. Dass die beiden Frauen dabei in die Haut einer realen historischen Figur schlüpfen, erleichtert ihnen, selbst den Zeitsprung zu vollziehen. So kann es Fremdlingen wohl auch passieren, dass die Wirtin Anna von Herden, der sie sich hier angeschlossen haben, die Frage, worum es sich etwa bei dem hohen runden Turm handle, der das Stadtzentrum so auffällig dominiere, bloß achselzuckend zurückgibt: "Woher soll ich das wissen?" Über derlei zeitgenössische Bauwerke und Erscheinungen vermag das alte Mädchen keine Auskünfte zu erteilen. Dafür plaudert Anna gewissermaßen aus dem Nähkästchen über Gewöhnliches wie Spektakuläres längst vergangener Tage. Mal blutig, mal heiter. Martin Luther zum Beispiel soll einmal, als einer seiner Kollegen seine unerhört lange Predigt endlich schloss und sich auf dem Weg von der Kanzel an einem Nagel den Talar zerriss, laut in die Kirche gerufen haben: "Ach, er konnte gar nicht aufhören. Er war angenagelt!"

Für Fanny Rödenbeck und Uta Lörzer ist die Haut der von Herden längst nicht die erste fremde, in die sie schlüpfen. Als Schillers Gattin Charlotte oder als Universitätsgründungsprofessoren Stigel und Strigel wandeln sie durch Jenas Straßen und Zeiten. Und immer wieder als Nachtwächter - ein Spaß von nächtlichem Rundgang, der sich außerordentlicher Beliebtheit auch bei Einheimischen erfreut. Im Advent wollen die zwei die Tour des kauzigen, fromme Liedchen brummenden Gesellen noch durch eine kleine Feuershoweinlage aufhübschen. Ideen jedenfalls sprühen wie Fünkchen in den Köpfen der beiden geschichts- und geschichtenversierten Damen. In Kürze reist "Wachtmeisterin" Lörzer nach Österreich zum Europäischen Nachtwächter-Treffen, um sich mit Kollegen auszutauschen. Wer weiß, was Fremdlinge und vermeintlich Ortskundige danach in Jenas Straßen erwartet.

Nächste Reformationsführung am 31. Oktober; Karten in der Jenaer Bücherstube. Reservierungen und Gruppenanmeldungen (auch für Nachtwächterrundgang) unter 03641/44 86 58.

>>www.jena4you.de