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Fanny Rödenbeck hat in ihrer Dissertation zu Häusern am Markt neue Stadtgeschichte geschrieben
Endlich wird mit einer alten Stadtlegende aufgeräumt: Die "Göhre", Markt 7, war früher keine Mühle, sondern die wohl erste Buchhandlung der Stadt. Herausgefunden hat dies Fanny Rödenbeck bei den Recherchearbeiten zu ihrer Dissertation, die nun vorliegt, die sie aber noch verteidigen und veröffentlichen muss.
"Irgendwann damals sind versehentlich die Hausnummern vertauscht worden", erklärt sie. Heute ist der Markt Jenas "gute Stube". Doch das war nicht immer so. Es gab Zeiten, in denen in den Häusern rund um den Marktplatz nur arme Menschen wohnten: Witwen und kleine Handwerker, die nur wenig Geld hatten. Das war vom frühen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts der Fall. Damals nämlich war der Markt noch nicht an Abwasserkanäle angeschlossen. Es roch unangenehm. Das wollte sich niemand der begüterten Jenaer antun.
Geschichte(n) aus 400 Jahren
Fanny Rödenbeck ist eigentlich Architektin im ersten Leben. Und Stadtführerin. Als solche hat sie sich immer mehr für die Geschichte(n) der Menschen und Häuser interessiert. Sie studierte noch einmal Volkskunde und hat jetzt ihre Dissertation bei Professor Christel Köhle-Hezinger eingereicht. Das Thema: die Häuser am Jenaer Markt.
Im 16. Jahrhundert, kurz vor der Gründung der Universität, wohnten zahlreiche Tuchgroßhändler am Markt, nach der Uni-Gründung eroberten Universitäts-Rektoren und -Professoren den Markt bis ins 17. Jahrhundert hinein und damit die damalige "Elite" der Gesellschaft. Zudem gab es dort im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Buchläden. Rödenbeck findet es noch heute spannend, wie sich das Sozialgefüge innerhalb dieser 400 Jahre verändert hat.
"Die Idee zum Thema meiner Dissertation hatte eigentlich die Leiterin der Jenaer Denkmalbehörde, Dr. Petra Zippel", so Rödenbeck. "Zwar lagen zu den meisten Gebäuden historische Bauuntersuchungen vor, doch es gab kaum Hinweise auf die Menschen, die in den Häusern wohnten", erklärt sie. Für ihre Dissertation habe sie daher alte Steuerbücher bis ins Jahr 1502 ausgewertet, die für Jena zurückreichen. "Adressbücher gab es erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts, heutige Hausnummern erst von 1887 an. Man hat damals Häuser und die Bewohner nur über die Nachbarn identifiziert, indem man etwa sagte, ,das Haus von Müller neben Lehmann." Ein Häuserbuch, wie es in anderen Städten schon erstellt wurde, gab es in Jena bisher nicht.
Eine Arbeit ohne Ende wäre die Dissertation geworden, hätte Rödenbeck sich alle 24 Häuser, die zum Markt gehörten, vorgenommen. So suchte sie sich vier besonders interessante heraus: Markt 3, die einstige Markt- beziehungsweise Hofapotheke; Markt 7, die "Göhre"; Markt 16, den Stadtspeicher, der heute die Tourist-Information beherbergt, und Markt 22, das "Gasthaus zur Sonne". Insgesamt umfasst die Dissertation einen Zeitraum von 400 Jahren von 1502 bis 1914. In jedem dieser vier Jahrhunderte hat Fanny Rödenbeck zudem ein oder zwei Häuser rausgepickt, in denen sich besonderes ereignete.
Brudermord und Totschlag
So wohnte beispielsweise in der heutigen "Kaffeerösterei", Markt 11, im 17. Jahrhundert ein Mann namens Mattheus Birckner, der zwei Söhne hatte, von denen einer den anderen nach einem Streit im Gasthaus "Zum Roten Hirsch" erschossen haben soll. "Der Vater war wohl offenbar auch der Richter der Stadt und musste seinen zweiten Sohn zum Tode verurteilen, der dann nach zwei Jahren auf dem Markt hinngerichtet wurde. Einige Jahre später soll dann die Lohgerberin Brückner, der das Haus Markt 12 gehörte, das "Birckner"-Haus gekauft haben. Sie wurde eines Nachts, 20 Jahre später in ihrer Stube in einem der beiden Gebäude erschlagen. Der Mord wurde nie aufgeklärt.
Wer mehr über die Häuser am Markt und ihre Geschichte(n) wissen möchte: Fanny Rödenbeck bietet unter dem Titel "Wie das Leben so spielt" eine Führung an, die Interessierte telefonisch buchen können: (03641) 63 52 13. Einige dieser Geschichten gibt sie zudem bei einer Stadtführung am 1. August, 15 Uhr, zum Besten. Weitere Infos unter: www.jena4you.de
(Einige inhaltliche Schnitzer des Artikels wurden hier von F. Rödenbeck verbessert.)Endlich wird mit einer alten Stadtlegende aufgeräumt: Die "Göhre", Markt 7, war früher keine Mühle, sondern die wohl erste Buchhandlung der Stadt. Herausgefunden hat dies Fanny Rödenbeck bei den Recherchearbeiten zu ihrer Dissertation, die nun vorliegt, die sie aber noch verteidigen und veröffentlichen muss.
"Irgendwann damals sind versehentlich die Hausnummern vertauscht worden", erklärt sie. Heute ist der Markt Jenas "gute Stube". Doch das war nicht immer so. Es gab Zeiten, in denen in den Häusern rund um den Marktplatz nur arme Menschen wohnten: Witwen und kleine Handwerker, die nur wenig Geld hatten. Das war vom frühen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts der Fall. Damals nämlich war der Markt noch nicht an Abwasserkanäle angeschlossen. Es roch unangenehm. Das wollte sich niemand der begüterten Jenaer antun.
Geschichte(n) aus 400 Jahren
Fanny Rödenbeck ist eigentlich Architektin im ersten Leben. Und Stadtführerin. Als solche hat sie sich immer mehr für die Geschichte(n) der Menschen und Häuser interessiert. Sie studierte noch einmal Volkskunde und hat jetzt ihre Dissertation bei Professor Christel Köhle-Hezinger eingereicht. Das Thema: die Häuser am Jenaer Markt.
Im 16. Jahrhundert, kurz vor der Gründung der Universität, wohnten zahlreiche Tuchgroßhändler am Markt, nach der Uni-Gründung eroberten Universitäts-Rektoren und -Professoren den Markt bis ins 17. Jahrhundert hinein und damit die damalige "Elite" der Gesellschaft. Zudem gab es dort im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Buchläden. Rödenbeck findet es noch heute spannend, wie sich das Sozialgefüge innerhalb dieser 400 Jahre verändert hat.
"Die Idee zum Thema meiner Dissertation hatte eigentlich die Leiterin der Jenaer Denkmalbehörde, Dr. Petra Zippel", so Rödenbeck. "Zwar lagen zu den meisten Gebäuden historische Bauuntersuchungen vor, doch es gab kaum Hinweise auf die Menschen, die in den Häusern wohnten", erklärt sie. Für ihre Dissertation habe sie daher alte Steuerbücher bis ins Jahr 1502 ausgewertet, die für Jena zurückreichen. "Adressbücher gab es erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts, heutige Hausnummern erst von 1887 an. Man hat damals Häuser und die Bewohner nur über die Nachbarn identifiziert, indem man etwa sagte, ,das Haus von Müller neben Lehmann." Ein Häuserbuch, wie es in anderen Städten schon erstellt wurde, gab es in Jena bisher nicht.
Eine Arbeit ohne Ende wäre die Dissertation geworden, hätte Rödenbeck sich alle 24 Häuser, die zum Markt gehörten, vorgenommen. So suchte sie sich vier besonders interessante heraus: Markt 3, die einstige Markt- beziehungsweise Hofapotheke; Markt 7, die "Göhre"; Markt 16, den Stadtspeicher, der heute die Tourist-Information beherbergt, und Markt 22, das "Gasthaus zur Sonne". Insgesamt umfasst die Dissertation einen Zeitraum von 400 Jahren von 1502 bis 1914. In jedem dieser vier Jahrhunderte hat Fanny Rödenbeck zudem ein oder zwei Häuser rausgepickt, in denen sich besonderes ereignete.
Brudermord und Totschlag
So wohnte beispielsweise in der heutigen "Kaffeerösterei", Markt 11, im 17. Jahrhundert ein Mann namens Mattheus Birckner, der zwei Söhne hatte, von denen einer den anderen nach einem Streit im Gasthaus "Zum Roten Hirsch" erschossen haben soll. "Der Vater war wohl offenbar auch der Richter der Stadt und musste seinen zweiten Sohn zum Tode verurteilen, der dann nach zwei Jahren auf dem Markt hinngerichtet wurde. Einige Jahre später soll dann die Lohgerberin Brückner, der das Haus Markt 12 gehörte, das "Birckner"-Haus gekauft haben. Sie wurde eines Nachts, 20 Jahre später in ihrer Stube in einem der beiden Gebäude erschlagen. Der Mord wurde nie aufgeklärt.
Wer mehr über die Häuser am Markt und ihre Geschichte(n) wissen möchte: Fanny Rödenbeck bietet unter dem Titel "Wie das Leben so spielt" eine Führung an, die Interessierte telefonisch buchen können: (03641) 63 52 13. Einige dieser Geschichten gibt sie zudem bei einer Stadtführung am 1. August, 15 Uhr, zum Besten. Weitere Infos unter: www.jena4you.de
(Einige inhaltliche Schnitzer des Artikels wurden hier von F. Rödenbeck verbessert.)
Lioba Knipping / 21.07.10 / TLZ